← Letzer Post

Mittlerweile war alles von einer einheitlichen Schneeschicht bedeckt – ich eingeschlossen – und die Flocken fielen weiterhin unbeirrt vom Himmel. Das Wasser war stellenweise gefroren und das Fischen eher erfolglos verlaufen. Stattdessen war mir auf dem Weg nach Hause ein Hase in die Fänge geraten. Diesen trug ich nun zufrieden durch die Winterlandschaft. Es wurde längst Zeit, dass ich zu meinem Rudel zurückkehrte.

→ Revier der Silberwölfe/Rudelplatz

<-- Ausflug

Sanfter Nieselregen begleitete mich auf meiner Suche nach einer geeigneten Uferstelle. Ich hatte noch nicht oft die Schwimmtiere gejagt, doch ich wollte es trotzdem wieder versuchen. Dann konnte ich Mama zeigen was ich gelernt hatte. Ich watete an eine flache Stelle an der die Fische nur schwer entlang kamen und leichtere Beute waren.
Der Wolf im Wasser hatte diesmal eine sehr verzerrte Gestalt. Auf ruhigen Oberflächen konnte ich ihn immer gut beobachten, doch hier konnte ich nichtmal das Gesicht ausmachen. Mittlerweile hatte ich gelernt, dass es sich bei ihm um eine Reflexion von mir selbst handelte. Ich war der Wolf im Wasser. Das war jedes Mal aufs neue komisch.

Erstaunt hörte ich mir an welche Rudel es gab. Die Namen waren wirklich etwas komisch aber vielleicht konnte ich mir das ja wirklich mal erklären lassen... irgendwann. Momentan war zu viel Gerede und hin und her. Alpha, Beta, Rudel, Grenzen, Hirsch was auch immer. Ich kam nicht hinterher und fing einfach an die anderen Wölfe zu beobachten. Sai wirkte nicht mehr so versteift, wie ich sie in Erinnerung hatte. Tayro hatte hier wohl das Sagen, aber Marek, wo auch immer der war, das letzte Wort. Apollo sagte irgendwas befremdliches und sah aus als würde er es bereuen. Niemand ging drauf ein. Acyra flüsterte mit Tayro und wirkte besorgt. Warum das alles hier so ein großes Drama war, konnte ich noch immer nicht nachvollziehen.
Erst sollten Sai und ich die drei Fremden irgendwo hinbringen, aber die weigerten sich nach Hause zu gehen, was mich insgeheim freute, weil ich sie sehr interessant fand. Als der eine von einem toten Wolf redete, horchte ich auf. Davon hatte mir Mama schon mal erzählt. Das war wohl ein heikles Thema.
Graupelz. "Äh...",begann ich unsicher und schaute kurz zwischen der Gruppe und den Älteren hin und her. Sie wirkten nicht gefährlich und ich wollte mit und irgendwie steckte mich die widerspenstige Stimmung der drei an. "Ja!", entschied ich mich dann, nur um kurz darauf enttäuscht zu werden. Wir sollten auf dem Rudelplatz bleiben? Tayro tat so, als ob diese Schattenwölfe super gruselig waren. Seine Stimmlage klang allgemein ziemlich ernst, weshalb ich nicht weiter nachhakte, sondern bloß einen ratlosen Blick an meine drei neuen Bekanntschaften sandte. Dann richtete er sich direkt an mich. Ich wusste zwar nicht, wer Zodiac war, viel mehr störte mich, dass ich anscheinend gar nichts mit Apollo, Miro und Corvin zu tun haben durfte und anschließend auf die Jagd musste. Jagen klang anstrengend. Was wenn ich später gar keine Lust dazu hatte? Ich fand es sowieso total anstrengend die ganze Zeit hier zu stehen, während alle über Zeug reden, dass ich nicht wirklich verstand. Hin und wieder verlagerte ich mein Gewicht von einer Pfote auf die andere oder verzog meine Mundwinkel in verschiedene Richtungen ohne wirklich drüber nachzudenken.

Meine Verwirrung nahm stetig zu. Warum durften sie nicht hier sein, nur weil der Ort nicht ihr Zuhause war?
Zwei bekannte Gesichter traten aus den Büschen hervor. Ich brauchte ein bisschen um Sai zu erkennen. Der andere war mir zwar nicht fremd -- ich wusste, dass er zu uns gehörte -- aber ich hatte noch nie mit ihm geredet. Rudel, Eindringlinge, ausspähen? Mir ging das alles viel zu schnell.
Wenigstens mit Miros Erklärung zu seiner komischen Aussage konnte ich etwas anfangen. Es gab also jemanden am Fluss, der aussah wie ich. Plötzlich ergab meine seltsame Erfahrung mit dem Wasserwolf Sinn. Als ich vorhin an einer flachen, ruhigeren Stelle getrunken hatte, war ich von einem weißen Wolf mit einem schwarzen Fleck auf der Nase überrascht worden. Er hatte jede meiner Bewegungen nachgemacht. Das musste der Wolf sein, von dem Miro sprach. hatte ich etwas auch einen schwarzen Fleck auf der Schnauze? "Der Wolf im Fluss! Den hab ich auch gesehen!", erwiderte ich also, zwischen den Sätzen der anderen. Was Schattenwölfe sein sollten verstand ich wiederum nicht. "Ihr seht aber nicht wirklich aus wie Schatten," stelle ich fest und schaute vergleichend zwischen meinen neuen Bekanntschaften und deren Schatten hin und her. Vielleicht bedeutete diese Bezeichnung auch, dass nicht alle Wölfe Schatten hatten. Aber dann wären ja alle anderen hier auch Schattenwölfe, schließlich hatten Sai, der Andere und ich auch Schatten. Sind die Bäume und Käfer mit Schatten auch Schattenbäume und Schattenkäfer?

"Ja!", flüsterte ich zurück, gerade als ein weiterer Wolf hinzu stieß. Zwei von der Sorte? Wir sind doch alle die gleiche Sorte... Verwirrt schaute ich an mir herunter, als könnte ich etwas entdecken, das mich von den anderen dreien unterschied. Außer hellerem Fell war da nichts. Ich hob meinen Blick wieder und sah mit gleichbleibender Verwirrung den Neuen an, der Corvin und Apollo wohl zu kennen schien. Er hieß anscheinend Miro, denn so sprach entweder Apollo oder Corvin ihn an. Apollo oder Corvin war wohl genauso irritiert über Miros komische Aussage. Ich fühlte mich bestätigt.
Um uns herum passierte irgendetwas und plötzlich fühlte ich mich wie eines von den Krabbeltieren, die ich beobachtete und verfolgte. Ohne dass es mir wirklich bewusst war sträubte sich mein Nackenfell ein wenig. "Warum müsst ihr abhauen? Wegen dem Knurren? Seid ihr gefährlich?"

Es dauert nicht lange bis die zwei Fremden mich bemerkten und auf mich zu kamen. Zuerst konnte ich nur das Wort "Knurren" aufschnappen, und dann drang genau dieses Geräusch von der Lichtung zu mir. Ich erinnerte mich daran wie Lighto den braunen Wolf, mit dem ich vor dem Nebel gespielt hatte, auch angeknurrt hatte. Damals hatte ich nicht verstanden was das sollte. Jetzt erschloss sich mir, dass das wohl eine Reaktion auf Wölfe war, die man noch nicht kannte. Es klang nicht nett. Bisschen unfreundlich...
Ich knurrte nicht. Stattdessen ging ich noch ein paar Schritte auf die Beiden zu und hörte den Zweiten reden. "Äh... Jett," flüsterte ich zurück. "Und wer ist da?"

@Apollo @Corvin

<-- Sonnental

Je näher ich dem Platz kam, desto stärker wurde der Geruch der zwei Unbekannten.
Ich versuchte mehr oder weniger leise und unauffällig zu sein, genau wie wenn ich mich an einen Schmetterling heranpirschte, doch wirklich Mühe gab ich mir nicht. Neben der Aufregung kam Hunger hinzu, der mich ablenkte. Ich konnte mich nicht an mein letzes Fressen erinnern. Die wenigen kläglichen Versuche vorhin eines von diesen kleinen grauen Krabbeltieren oder ein Springtier zu fangen, waren erfolglos verlaufen.
Kaum konnte ich zwischen den Bäumen hindurch die Lichtung erkennen, hörte ich Stimmen und zwei wolfige Gestalten, die sich im Gebüsch zu verstecken schienen.

@Apollo @Corvin

<-- Rudelplatz

Seit einer gefühlten Ewigkeit hatte ich nun auf eigene Faust das Revier erkundet. Verlor ich ein Insekt aus den Augen fing in der nächsten Sekunde ein neues meine Aufmerksamkeit ein. Manchmal war es auch eine hübsche Blume, ein neuer Geruch oder ein unbekanntes Geräusch. Wie weit ich mich vom Rudelplatz entfernt hatte, wurde mir erst klar, als ich an den Lachsfluss kam. Ich hatte noch nie einen Fluss gesehen. Das Rauschen war laut und die Luft ganz anders. Viel feuchter. Neugierig hatte ich mich ans Ufer herangetastet und war nach einer erfrischenden Pause wieder aufgebrochen.
Eigentlich kam mir die Zeit gar nicht so lange vor, doch als ich plötzlich ganz leise in der Ferne meinen Namen hörte, verstand ich, dass ich wohl zu lange fortgeblieben war. Es war ja nicht mal meine Absicht gewesen. Die Welt war nur so interessant und ich hatte es absolut satt die ganze Zeit an einem Ort zu bleiben. Da kribbelten mir die Pfoten zu sehr.
Allerdings wollte ich auch nicht, dass sich Mama Sorgen machte, also beschleunigte ich meinen Schritt etwas. Beinahe wär mir die Fährte der beiden fremden Wölfe nicht aufgefallen. Mittlerweile war ich geübt genug um zu erkennen, dass der Duft sehr frisch war und direkt nach Hause führte. Wie Zuhause riechen taten die beiden Fährten aber nicht. Das Konzept von Rudeln war mir noch nicht wirklich bewusst -- immerhin hatte ich bis eben nicht mehr als die Lichtung gekannt, auf der ich lebte -- zwei Fremde Wölfe, die nicht den gleichen Geruch wie die Anderen um mich herum trugen, waren also bisher so ziemlich das aufregendste in meinem ganzen Leben.
Ohne zu zögern folgte ich der Spur.

--> Rudelplatz

"Hm," erwiderte ich bloß. Es erschloss sich mir einfach nicht, was daran so schlimm war etwas zu nutzen, das nicht mehr gebraucht wurde, aber noch komischer war es, dass Mama diese Regel befolgte, obwohl sie selbst nicht mal erklären konnte, wozu sie da war. Wenn man jemanden lieb hatte, dann würde man doch wollen, dass derjenige genug zu Fressen hatte. Während ich Mama hinterher schaute, wie sie sich neben Lighto legte, fiel mir ein, dass wir ja eigentlich hatten Jagen wollen. Dennoch nickte ich brav, als sie das Spielen auf morgen verlegten wollte. Ich konnte ja auch selbst üben. Vielleicht würde ich auch etwas für sie finden.
Als Lighto aufwachte, war ich schon wieder auf Erkundungstour am Rand des Rudelplatzes. Besonders angetan hatte es mir ein kleines, blau-schwarz schillerndes Krabbeltier. Mit meiner Pfote stubste ich den Käfer an, sodass er die Richtung wechselte.
Es war ziemlich faszinierend wie er sich bewegte. Mit seinen kleinen Beinchen war er so langsam, aber man konnte eindeutig sehen, dass er sich sehr anstrengte meiner Pfote zu entwischen. Eine ganze Weile schaute ich dem Käfer hinterher und robbte so immer weiter ins Gebüsch. Das Geräusch des knackenden Laubs war es, was mich von dem Insekt ablenkte. Ich hüpfte von einem vertrockneten Blatt zum anderen, bis eine kleine Motte meine Aufmerksamkeit auf sich zog. Fasziniert von ihren hektischen Flügelschlägen beobachtete ich, wie sie zwischen den Ästen herumflatterte und hier und da auf einem Baum landete. Immer wenn ich zu nah kam, oder meine Pfote nach ihr ausstreckte, flog sie weiter und lockte mich vom Rudelplatz weg.

--> Sonnental

Mamas Lachen brachte mich auch zum Lächeln. Es fühlte sich gut an, dass sie nicht mehr weinte weil ich etwas gesagt hatte. Abermals hörte ich ihrer Erklärung zu, aber diesmal ergab es wirklich keinen Sinn für mich. "Und...warum ist das nicht in Ordnung? Es ist doch... schlau," fragte ich und drehte verwirrt die Ohren hin und her. "Warum ist es in Ordnung die anderen Tiere zu essen aber keine Wölfe, die tot sind? Andere Tiere essen doch auch uns wenn wir sterben. Das hast du selbst gesagt." Meine Stimme war nicht mal aufgebracht, lediglich verwirrt und voller Neugier.

Ich lauschte und nickte gelegentlich voller Verständnis. Als Mama auf meine Brust tippte, erkannte ich das Pochen, das wohl das Herz sein sollte. Es irritierte mich zugegebenermaßen ein wenig, dass da irgendetwas sein sollte, das uns beobachtete. Woher wusste sie das, wenn wir es nicht sehen oder riechen oder hören konnten, oder so? Aber ich nahm es erstmal so hin.
"Nicht weinen," sagte ich und schleckte Mama die Träne vom Gesicht. Salzig. Warum sie so betrübt war, konnte ich nicht so ganz nachvollziehen. Ihrer Erklärung nach würden wir ja Alle irgendwann wieder sehen, falls wir auch mal sterben würden.
"Wenn Lilo — Lighto," korrigierte ich, "den Körper doch nicht mehr braucht, warum essen wir ihn dann nicht? Er will doch nicht, dass wir verhungern oder?" Ich ging etwas näher zu ihm und Sai heran, doch drehte mich wieder zu Mama herum. "Wenn mein Herz aufhört zu schlagen und du Hunger hast kannst du mich essen," erklärte ich mit einem zufriedenen Lächeln.

Für einen Augenblick wandelte sich Mamas Mimik und ich legte besorgt den Kopf schief, aber dann war der moment auch schon vorbei.
Bei ihrer Erklärung, was alles gefährlich für uns werden könnte, wurden meine Augen groß. "Wooow!" Ein bisschen überwältigt von den ganzen neuen Infos saß ich kurz einfach nur da. Diese Ganzen Tiere hörten sich echt gefährlich an. Es wunderte mich nicht mehr, dass mama kurz vorher so besorgt ausgesehen hatte. Vielleicht hatte sie einfach Angst vor den Katzen und Wisents und Geweihen. Ich würde diese Tiere kennenlernen und dann könnte ich Mama davor beschützen. Nachdem ich diesen Beschluss gefasst hatte, fiel mein Blick auf Lightos weißes Fell. Er war anscheinend noch immer nicht aufgewacht und Sai kümmerte sich irgendwie um ihn. Was, wenn er nie aufwachte und sich nicht genug bewegte? Würde er dann auch Dünger werden? "Müssen wir Lilo essen, damit er die Erde düngen kann?"

Bei Mamas Erläuterung über die Nahrungskette — oder eher Nahrungskreis? — setzte ich mich ganz bewusst hin und schaute andächtig irgendwo ins Leere. Vor meinem inneren Auge spielte sich ihre Darstellung nämlich ganz farbenfroh wieder: Ein Wolf fing einen Vogel aus der Luft und eine Feder schwebte hin- und herschaukelnd herunter bis sie auf dem Rücken eines Rehs landete. Ich hatte noch keine Ahnung wie ein Reh aussah, also blieb es eher bei einer etwas formlosen Gestalt mit vier langen Beinen. Der Fuchs war ein längliches und spitzes Geschöpf, denn so fühlte sich das Wort an.
Diese Nahrungskette müsste ich wohl auswendig lernen, damit ich auch genau wusste welche Tiere ich essen durfte und welche nicht. "Und welche Tiere stehen hinter uns in der Nahrungskette? Von wem werden wir gefressen?", fragte ich frei heraus. In dem Moment kam mir der Gedanke überhaupt nicht gruselig vor. Ich fand es eher faszinierend, dass wir mal Futter für die Bäume werden würden, wenn wir gegessen worden waren.

Ich spiegelte Mamas Freude mit dem gleichen Rutewedeln bis ich sie so heftig hin und her schwenkte, dass mein ganzer Hintern mit wackelte. "Fährten suchen ist doch voll einfach!", sagte ich und tat den Vorschlag mit einem Lach-Schnauben ab. Der Stock im Gebüsch hatte sich nicht gut vor mir versteckt gehabt. Prüfend schnüffelte ich ein bisschen in der Luft herum. Ich konnte ja genau riechen in welche Richtungen die verschiedenen anderen Wölfe vom Rudel gegangen waren, ohne, dass ich wirklich aufgepasst hatte. "Oder kannst du nicht so gut riechen wie ich?" dieser Gedanke ließ mich kurz total vergessen, dass wir eigentlich etwas spielen wollten. Ich war plötzlich viel interessierter davon, wie genau das mit dem Riechen denn funktionierte und ob es da echt Unterschiede gab. Einen guten Augenblick lang war ich mit dieser Idee beschäftigt und versuchte mich probeweiser auf neue Gerüche aus weiterer Entfernung zu konzentrieren, bis mich Mamas Duft fast schon störte, weil er zu nah und frisch war. Ups.
"Was ist denn Jagen und Beute?" Frage ich also schließlich und zog dabei die neuen Wörter ziemlich in die Länge. Es war wohl nicht so gut, dass ich so viel alleine machen wollte. Wenn Mama etwas spielen wollte, Langeweile hatte musste ich ja wohl helfen.

Eigentlich hatte ich mich wirklich gut selbst beschäftigt, indem ich jede noch so kleine Ecke des Rudelplatzes inspizierte. Es machte Spaß die verschiedenen Gerüche zu erspüren und ihren Quellen zuzuordnen und unter einem Gebüsch fand ich einen großen Stock, den ich zwischen meine Pfoten klemmte um an der Rinde zu nagen. IIIhh! Holzstaub flog in meinem Mund als das Holz splitterte. Ich ließ den Stock fallen und wischte unbeholfen mit meinen Pfoten über meine Zunge.
Hinter mir ertönte Mamas Stimme, die mich zum Spielen aufforderte. Tatsächlich ein wenig enttäuscht, dass ich nun nicht länger meiner Recherche nachgehen konnte, drehte ich mich mit heraushängender Zunge zu ihr um. Ich wollte sie nicht enttäuschen, und kaum dachte ich ein wenig darüber nach, hatte ich auch lust ein neues Spiel zu lernen. "Ja!" rief ich bereitwillig und tappste mit meinen ungewohnt langen Beinen zu ihr hinüber. Ein Seitenblick zu Lighto verriet mir, dass sich bei ihm nichts verändert hatte — schade, vielleicht sollte ich anschließend versuchen herauszufinden, warum er so lange schlief. Tatsächlich schien sich auch der große braune Wolf, mit dem ich noch nie geredet hatte, sich zu sorgen. Die andere Wölfin lag auch regungslos da. Schnell richtete ich meine Aufmerksamkeit wieder auf Mama. "Was spielen wir?"

"Ooohh..." gab ich erstaunt von mir als mama mir erklärte was geschehen war. Ob ich es so ganz verstanden hatte wusste ich nicht, aber ich machte ihr das Schütteln nach und fühlte mich direkt besser. Meine Gelenke lockerten sich und meine Muskeln dehnte ich ausgiebig bis das kribbeln verschwand. "Danke, Mama!" quiekte ich und began ein paar Runden auf dem Platz zu laufen während sich alle anderen unterhielten. Die Stimmung war ein bisschen angespannt, also versuchte ich niemanden zu stören. So groß zu sein machte definitiv mehr Spaß als klein zu sein. "Nebel macht mich groß," murmelte ich vor mich hin während ich mit der Nase die verschiedensten Gerüche erkundete. Außerdem wurde ich wohl nicht mehr so schnell müde wie vor dem Nebel. Was die anderen besprachen verstand ich nicht wirklich, aber es interessierte mich auch noch nicht was Schattenwölfe oder Alphafelsen oder Menschen oder Scharfgabe waren.

Von den Gesprächen um uns herum bekam ich nicht viel mit. Meine Konzentration lag auf Lighto und den beruhigenden Worten meiner Mutter. "Er schläft?", hakte ich nach, nun etwas ruhiger. Mama schien sich keine Sorgen zu machen, also war bestimmt alles gut. Ich machte in paar schwankende Schritte in Richtung Platzmitte. "Die... Ich...", nach dem langen Schlaf war wohl nicht nur das Laufen schwer, sondern auch an die Worte erinnerte ich mich nicht mehr so gut. "Warum ist alles anders, Mama?" Ich schaute an mir herab zu Verdeutlichung, denn was genau anders war konnte ich nicht ganz erklären.

Sobald ich Mama bei mir spürte und ihre Stimme hörte beruhigte ich mich etwas, doch das alles ergab noch immer keinen Sinn. Trotzdem hörte ich auf ihren rat und versuchte mich hochzustemmen.
Nach ein paar Versuchen stand ich endlich mit wackeligen Beinen da. Der Boden sah viel weiter entfernt aus und Mama war nicht mehr so groß wie vorher. Stümperhaft schmiegte ich mich an sie. "So groß!", versuchte ich meine Empfindung zu erklären und drehte mich dann etwas umkoordiniert im Kreis weshalb ich ausersehen mit meinem Hinterlauf gegen Lighto hinter mir stieß. Die Abmachungen meines nun deutlich größeren Körpers machten mir eindeutig zu schaffen. "Ups!" entschuldigend stupste ich Lighto an und schaute dann auf ihn herab. Eine seltsame Perspektive. "Li- Lilo?" Er schien bloß zu schlafen und sah sehr müde aus, aber ein Bauchgefühl sagte mir, dass etwas nicht in Ordnung war.

Ich spürte sofort, dass irgendetwas anders war; nicht richtig. Mein Körper war nicht mein eigener und die Welt schien auch eine neue zu sein. Die Luft war kalt und die Gerüche vollkommen unbekannt. Ohne darüber nachzudenken hob ich meine Pfote zu meiner Schnauze und rieb ein paar mal darüber um den Schmerz zu vertreiben, der allerdings schon seit langem verschwunden war. Ein Erinnerungsfetzen, wie Lighto meine Schnauze in den Boden drückte, tauchte vor meinem inneren Auge auf. Ich hatte mich gewehrt — wenn auch erfolglos — und dann hatte uns der Nebel verschluckt.
"Mama?", krächzte ich mit rauer Stimme. Ich konnte sie riechen, auch wenn die Luft noch mit dem beißenden Geruch des Nebels versetzt war, doch meine Muskeln gehorchten mir noch nicht und sie taten unglaublich weh.

Die plötzliche Bewegung über mir lies mich scheckartig zurückzucken und ich plumpste auf den Hintern. Sai schaute mich eindringlich an, wirkte aber Gleichzeit irgendwie nicht ganz anwesend. Etwas an ihr war komisch und dass sie Abstand von mir nahm machte mich traurig. Hatte ich etwas falsch gemacht? Vorsichtig steckte ich die Schnauze wieder nach vorne und versuchte an ihr herumzuschnüffeln.