Doch das ließ ich nicht zu. Auch wenn der Druck nicht besonders stark war - immerhin lag NOCH keine Absicht dabei den Welpen zu töten - hielt ich Shane mit der linken Vorderpfote am Boden, während ich nun mit aggressivem Knurren immer wieder neben seinen Ohren zuschnappte. Ich wollte austesten wie lange der Welpe seiner Angst entgegen stehen konnte, wann er brechen würde. In den kleinen Gruppen mit denen ich unterwegs gewesen war, hatte es auch Welpen gegeben und diese waren immer sehr schnell eingebrochen.

Kaum hatte ich mich halb aufgesetzt, wurde ich auch schon wieder auf die Erde gedrückt. Ich riss einen Moment erschrocken die Augen auf, doch dann begannen die Kiefer erneut auf und zuzuschlagen und das in meiner unmittelbaren Nähe. Gleich! Gleich würde sie mir das Ohr abbeißen. Doch das würde ich nicht zulassen. Heftig begann ich mich unter ihrer Pfote zu winden und zu drehen, bis ich beinahe auf dem Rücken lag. Aus meiner Kehle drang ein wildes Knurren, das mehr dem Grunzen eines Schweines ähnelte, während ich mit allen vier Gliedmaßen zu schlagen und zu treten begann. Mein unausgereiftes Gebiss entblößte sich und ich funkelte die Fähe aggressiv an, während ich immer weiter nach ihrem Gesicht und ihrer Schnauze schlug und sogar vereinzelt in der Luft schnappte. Es war möglich, dass mir der Ernst der Lage nicht richtig bewusst war und ich nicht verstand, dass sie mich jederzeit töten könnte. Denn den Tod kannte ich nicht.

Ich schnaufte und nickte dann. Bestanden. Ich ließ von Shane ab Der Kleine wäre durchaus eine Bereicherung für das Rudel von diesem jungen Alpha..auch wenn er mich ja nicht im Rudel aufgenommen hat. Aber zumindest hätte der Kleine so bessere Überlebenschancen.. Ich knurrte kurz und schubste Shane mit der Schnauze so an, dass er wieder auf dem Bauch landen würde. Wenn du noch mutiger werden willst, kenne ich einen Ort, an dem sich Wölfe befinden, die dir dabei helfen können.. Zumindest hoffte ich das

Urplötzlich verstummte die Fähe und ich verharrte. Sie ließ mich los und stieß mich an, doch das war gar nicht von Nöten, denn ich reagierte sofort und sprang auf, um ein paar Sprünge zurückzuweichen, mich zu schütteln und die Fähe dann bissig anzusehen. "Du spinnst wohl!", polterte ich wutschnaubend los und sträubte mein kurzes Fell zutiefst beleidigt. Doch die Fähe ging gar nicht auf mich ein, schien nachzudenken, ehe sie mir einen Vorschlag machte. Ich runzelte die Stirn und schnaubte. "Warum sollte ich mit dir mitgehen", brummte ich, jedoch deutlich weniger wütend, was wohl an meiner geheimen Neugier lag, die sich in mir breit machte.

Ich zog gleichmütig die Schultern hoch Du musst nicht, wenn du nicht willst. Es ist deine Entscheidung. Damit wand ich mich sichtlich ab um zu gehen. Doch wenn du es nicht tust, wirst du deine Angst nie völlig verlieren. Damit ging ich bereits ein paar Schritte Richtung Schattenrudel-Gebiet.

Ich sah die Fähe irritiert an. Irgendwie fühlte ich mich ein wenig verschaukelt, doch meine Neugier trieb mich unaufhaltsam vorwärts. "Warte", rief ich und hoppelte der Fähe mit kurzen Sprüngen hinterher. Als ich bei ihr angelangt war, sah ich kurz nachdenklich vor mich hin, ehe ich augenrollend zu ihr hochsah. "Ich kanns mir ja mal ansehen!" Meine Stimme war gedehnt, doch in Wahrheit brannte ich nahezu vor Aufregung. Was das wohl für ein Ort war? Bei ihrem Spruch zu meiner Angst kniff ich das Maul zusammen. Ich habe keine Angst!

Ich grinste in mich hinein, doch nach Außen zeigte ich mich gleichgültig. Die Frage ist nur..ob sie dir erlauben werden es dir anzusehen. Diese Burschen sind sehr..eigen. Damit beschleunigte ich meinen Schritt Versuch nicht zurück zu bleiben, Angstwölfchen.. Grollte ich dann.

--> Rudelplatz Schattenwölfe

Angstwölfchen!? In mir brodelte es wieder, doch ich konnte nichts entgegnen, denn ich musste Anschluss halten. Und die Fähe war wirklich schneller, selbst beim normalen Schritt. Eifrig sprang ich ihr hinterher. "Ich bin kein Angstwölfchen!", hörte man meine Stimme noch über die verlassene Lichtung schallen, dann waren wir auch schon verschwunden.

(Rudelplatz, Schattenwölfe)

Langsamen Schrittes schlängelte ich mich durch den neuen Wald, den ich vor kurzem betreten hatte. Viele verschiedene Gerüche strömten auf mich ein und ich wusste nicht auf welchen ich mu zuerst konzentrieren sollte. Einer davon gefiel mir gar nicht. Menschen... pah. Ich blieb kurz stehen und reckte mein Kopf in die Höhe und schaute mich zu allen Seiten um. Alles sah ruhig und natürlich aus. Einige Wildpfade, die zwischen Sträuchern hindurch führten, aber sonst nichts auffälliges. Nach einigen Sekunden des Lauschens setzte ich mein Weg fort. Unschlüssig was ich tun oder wohin ich gehen sollte, verfiel ich den Gedanken. Mein Körper bewegte sich wie von allein. Eine Automatie, die sich mit den Jahren eingeschlichen hatte. Erst als ein schmaler dunkler Schatten in meinem Augenwinkel vorbeihuschte, schreckte ich auf. Schon wieder... knurrte ich leise, irgendwann laufe ich noch gegen einen Baum. Bei dem Gedanken musste ich kurz bellend auflachen. Kopfschüttelnd setzte ich mich wieder in Bewegung, jedoch nun meine Umgebung beobachtend. In einiger Entfernung fiel mir ein seltsames Gebilde auf, welches nicht ganz in die Umgebung passte. Ich blieb in der Bewegung stehen und musterte das Ding argwöhnisch. Abschätzend näherte ich mich ein wenig, nur um zu erkennen, das es von Menschen errichtet wurde. Ein Schaudern durchlief meinen Körper. Ich sollte sehen das ich hier verschwinde. Mit einem großem Bogen umrundete ich einen der Hochsitze und trottete dann in Richtung, wo ich den Waldrand vermutete.

Kleine weiße Flocken segelten dicht an dicht zu Boden. Sie fielen hypnotisierend langsam zwischen den Ästen der Bäume und Sträucher und sammelten sich zu einer langsam dichter werdende Decke am Boden. Ich hatte es mir unter einem kahlen Strauch gemütlich gemacht und so den vergangenen Tag verbracht. Alt sein ist schon mühselig. Mein Blick glitt zu den Überresten eines Hasen, der mein Abendessen gewesen war. Er war zäh gewesen, aber der Hunger hatte gesiegt. Ein alter Hase für einen alten Wolf , amüsiert zuckte meine Rute und verursachte ein leises Rascheln. Langsam erhob ich mich und streckte meine Vorderläufe. Ich hatte wohl vergessen, dass ich noch immer unter dem Strauch war. Kurz erschrocken aufjaulend machte ich einen Satz nach vorne, da mich irgendetwas ins Hinterteil gepickt hatte. Knurrend stand ich dem Geäst gegenüber, unter dem ich gerade noch gelegen hatte. Dann realisierte ich und musste anfangen zu lachen. Du dummer Wolf lässt dich.... lachend fiel ich auf die Seite und zuckte mit den Beinen ...von einem Ast in den Hintern pieken. Noch immer leicht kichernd erhob ich mich wieder und setzte meine Reise fort.

(=>Richtung Wiese)

Wieder war der Zweibeiner an mir vorbeigegangen. Er musste vergessen haben, dass er diese Falle gelegt hatte. Statt mir suchte er die eisernen Zähne nach Beute ab, die versteckt im Laub lagen. Mittlerweile kannte ich den Ort aller seiner Fallen, durch das Gebüsch war die große Lichtung gut ersichtlich und der Zweibeiner hatte keine Angst gesehen zu werden. Ich erfuhr auch, dass Zweibeiner unglaublich schlecht riechen mussten, da er noch nicht einmal in meine Richtung geblickt hatte.

Er ging.
Ich holte wieder Luft -so gut es eben ging. Die Schlinge an meinem Hals ziepte, doch ich konnte nichts dagegen tun. Sie war irgendwo befestigt, aber ich konnte meinen Kopf nicht soweit drehen.
Das geht ganz leicht spottete der Uhu über mir und drehte seinen Kopf auf die andere Seite
Ich knurrte nur als Antwort.
Ach Fenris, dieses Mal bin ich wirklich zu weit gegangen mit meiner Suche nach Abenteuer. Wie lange bin ich hier schon gefangen? Suchen die anderen denn nicht nach mir? Oder haben sie es längst aufgegeben?
Betrübt legte ich den Kopf auf meinen Pfoten ab. Die Schlinge spannte sich. Um mich herum hatte ich längst alles Fressbare gefressen und ich begann von der Kälte zu zittern. Wie gern würde ich mich jetzt an meinen Bruder kuscheln oder Papa oder Mama oder Kobalt.
Winselnd blickte ich über die verlassene Wiese.
Kannst du Papa holen? fragte ich den Uhu Er kann dich auch verstehen. Doch der Vogel schwieg nur und geleitete dann geräuschlos davon.

Nero! NERO! Ich rannte am Rand der Fläche auf und ab, bis ich recht sicher war, dass kein Mensch hier war. Vielleicht hatten sie sich alle aus ihren Ständen verzogen, weil die Wolken immer mehr zuzogen. Es roch nach Schnee. Nun rannte ich auch auf die Lichtung und sah mich hektisch um. Mein Herz schlug mir bis zum Hals und meine Seite schmerzte dank des Zusammenpralls mit dem Rüden zuvor. Ich hasste den Winter. Da es weniger Beute gab war Marco noch mehr als sonst in Gefahr. Ganz zu schweigen davon, dass ich einmal mehr krank geworden war. Ich sah mich um und schnupperte in der Luft. Bitte sei hier. Bitte sei am Leben. NERO!

Ich war beinahe wieder weggedöst. Wie lange ich schon hier war wusste ich längst nicht mehr und Hunger war beinahe ein alles beschreibender Begriff. Als ich meinen Namen hörte kam es mir wie ein Traum vor, ein alter Traum, dem ich zu müde geworden bin glauben zu schenken.
Aber das Rufen wurde lauter. Ich schnupperte. Papa? Ich schnupperte erneut, reckte meinen Kopf und blickte durch das Gebüsch. Und endlich, ich traute mich kaum, endlich war es Wirklichkeit.
Papa! Papa ich bin hier! ích rief so laut ich konnte, die Schlinge momentan vergessen. Papa war hier, alles würde wieder gut werden, er würde alles in Ordnung bringen. Und dann konnte ich nach Hause und mich zu Fenris und Kobalt kuscheln, so wie früher. jetzt wird alles gut

Eine dünne Stimme durchdrang die kalte Luft und ich riss den Kopf herum. Auch Marco, der mitgerufen hatte, verstummte, ehe er aufgeregt mit einer Hinterpfote zu klopfen begann. Dahinten, bei den Büschen! Ich war in drei Sätzen drüben und wagte kaum meinen Augen zu trauen. Da war Nero. Er war dünn, zottig und ausgemergelt aber er lebte. Er atmete! Nero! Mir kamen fast die Tränen vor Erleichterung, als ich ihn zärtlich mit der Schnauze anstupste und ihn dann untersuchte. Schnell fiel mir die Falle auf in der er lag und versuchte herauszufinden wie man sie lösen konnte. Rasch hatte ich das Seil gefunden das ich kappen musste, es war knapp außer Neros Reichweite. Wie grausam das gewesen sein musste. Kaum war die Spannung des Seils weg rollte ich mich um Nero herum zusammen und schleckte ihm über den Kopf. Marco lag dicht neben ihm und rieb sein Köpfchen an seinem Bruder.

Papa. Papa ... winselte ich.
Sobald er mich aus der Schlinge befreit hatte knickten mir die Läufe unter mir weg und ich sank zu Boden. Aber Papa war da und legte sich um mich und ich kuschelte mich eng an sein weiches, warmes Fell.
..Marco.. auch mein Hasenbruder war da. Zusammen gaben sie mir Halt und mein Winseln verstummte bald und ich schloss glücklich die Augen. Sie waren da. Ich war frei. Alles war gut.