Abruzzo:

Ich hate nur ein leichtes lächen übrig, vieleicht hast du recht Basta aber ich wede nich länger bleiben. Meinte ich zu ihn und machte mich weider auf den Weg.

Lacksfluss <----

5 Tage war es nun her, dass ich den alten Massoud begraben hatte - am Fuße eines Feigenbaumes.
Ja, auch hier gab es manchmal Feigenbäume - nur viel seltener als in meiner Heimat.
Ich wollte schon "in unserer Heimat" denken, aber ich korrigierte mich. Das Rudel war tot. Ich war der Letzte.
Massoud hatte Feigen immer geliebt. Mehr hatte ich nicht für ihn tun können. Ich war kein Hakim, kein Heiler.
Jetzt waren wir kein stolzes Rudel auf Wanderschaft mehr - jetzt war nur noch ich da - ein einsamer und verachteter Streuner - ein Shilluq!
Als Eilif, die Anführerin uns fortführte war ich noch ein Jungwolf gewesen - jetzt war ich ein erfahrener Jäger und Krieger.
Doch was nutzte mir das? Was ist ein Wolf wert ohne ein Rudel?
Ich dachte an Evim, meine Freundin.
Sie gehörte zu den Ersten, die starb, als die Menschen plötzlich schossen - ebenso wie Rassul, mein Vater, der der Beta unseres Rudels gewesen war.
Ach !!! ...
Jetzt befand ich mich in einem Menschendorf, aber die Menschen hier machten mir keine Angst.
Ich hatte zu viel erlebt.
Bereits in der Nacht zuvor hatte ich das Menschendorf ausspioniert und wusste Bescheid. Ich ruhte mich aus in einer Scheune voll trockenem Heu, das mich wärmte.
Wenn es dunkel wird und die alte Menschenfähe schläft, werde ich zu ihr schleichen und mir eines ihrer 14 Hühner schnappen und damit das Dorf verlassen - nach Norden...

In der Scheune voll Heu war es trocken, warm und gemütlich.
Beinahe hätte ich die ganze Nacht verschlafen, aber glücklicherweise wachte ich noch vor dem Morgengrauen auf. Die Menschen schliefen noch alle und ich nutzte meine Chance.
Der Hühnerstall war eingezäunt, aber kaum höher als ein aufrechter Mensch (ca. 2m). Das war für mich kein Hindernis. Elegant und locker setzte ich darüber hinweg. Das war wesentlich einfacher, als sich darunter durch zu wühlen. Ich achtete auch darauf, keine verräterischen Spuren zu hinterlassen. Der Schuppen,wo die arglose Beute pennte, war nur durch einen einfachen Riegel versperrt - kein Problem also! Mit meiner Nase hatte ich meine Beute schon ausgeschnüffelt, bevor ich die Tür öffnete.
Dann ging alles blitzschnell.
Die Henne war tot, bevor sie "Gaaak !" sagen konnte und ich mit meiner Beute auf und davon, bevor die anderen Hühner etwas bemerkten. Ich sprang über den Zaun und lief eilig nach Norden. Da war ein Fluss, eine Brücke und mein Instinkt riet mir nach Westen zu laufen.
Das tat ich auch und gelangte so zum Geisterdorf.

------- Geisterdorf

Ich erreichte das Dorf und pirschte mich an den Wohnsitz des Jägers heran.
Durch die Fenster war Licht zu sehen. Dieser Mensch ging nicht mit den Hühnern schlafen, sobald es dunkel wird - so wie die alte Menschenfähe. Außerdem besaß er ein Gewehr und konnte wohl auch damit umgehen. Ich musste doppelt vorsichtig sein.
Immer leise und immer gegen den Wind schlich ich mich an und registrierte befriedigt, dass mich der Hund nicht wahrnahm. Das war schon mal gut!
Dabei inspizierte ich noch einmal genauer die Hindernisse, die ich überwinden musste.
Es gab vier Gebäude.
Das Wohnhaus lag direkt am grauen Steinpfad der Menschen. Direkt daneben war eine Scheune oder ein Schuppen. Es roch darin nach frischem Heu. Hinter dem Schuppen war der Hühnerstall und dahinter war eine große Koppel für die Schafe samt Stall, die der Jäger noch hielt. Hühnerstall und Koppel waren gut durch einen festen Zaun gesichert, der höher war, als der Zaun bei der alten Fähe. Den konnte ich nicht so einfach überspringen. Ich konnte mich vermutlich darunter durchgraben, aber das würde mit Sicherheit dem Hund auffallen und wenn der erst einmal anfing zu bellen, dann war auch der Jäger schnell da.
Was sollte ich also tun? Ich hatte den Zaun garnicht so hoch in Erinnerung gehabt.
Ich überlegte eine Weile.

Der Gedanke an den Zaun, der höher war, als er sein sollte ließ mich nicht mehr los.
Ob der wohl neu war?
Ich beschloss es herauszufinden und dabei gleich nach einer möglichen Schwachstelle zu suchen. Abgeschirmt durch die Scheune schlich ich mich an und überprüfte die Lage.
Tatsächlich! Der Jäger hatte da einen neuen Zaun hingestellt, der wahrscheinlich "wolfssicher" sein sollte. Der hatte keine Schwachstelle und ein vorsichtiges Kratzen am Boden ergab, dass das Hindernis auch noch tief in den Stein eingebettet war, den die Menschen Beton nannten.
So ein Pech! Da war natürlich kein Durchkommen. Der Zaun war lückenlos und fest mit dem Boden und der Scheune verbunden und umschloss das ganze Gebiet neben und hinter dem Wohnhaus. Es gab Tore, aber die waren noch einmal extra gesichert.
Sollte ich meine Hühner vielleicht doch lieber woanders einsammeln? Nein, irgendwo musste es eine Schwachstelle geben!
Als ich die Stelle überprüfte, wo der Zaun mit der Wand der Scheune verbunden war, kam mir eine neue Idee.
Die Scheune war viel älter und bestimmt nicht so gesichert, wie der Zaun. Sie hatte auch einen Eingang, der nur durch einen Riegel gesichert war.
Den konnte ich öffnen!

Den Riegel zu öffnen war garnicht so einfach, denn das Holz war recht schwer und außerdem musste ich ja leise sein. Doch schließlich hatte ich es geschafft und schlüpfte schnell hinein in die dunkele Scheune.
Da drin gab es eine Menge Heu, das war klar, aber hier würde ich mit Sicherheit kein Schläfchen halten.
Bei näherer Untersuchung fand ich einiges heraus, dass mir vielleicht weiterhelfen konnte.
Zum einen gab es tatsächlich eine Verbindungstür von der Scheune direkt zum Hühnerstall!
War das ein Glück! Nein, doch nicht!
Die Tür war verschlossen. Sie hatte ein richtiges Schloss. Mist!
Auch sich unter der Tür durchzuwühlen war nicht möglich, denn der Boden bestand ganz aus dem harten Stein.
Außerdem gab es da noch eine Holzstiege über die man nach oben gelangen konnte und da war auch eine große offene Luke durch die der Wind hereinkam und das Heu trocknete.
Ich erklomm die Stiege und blickte hinaus aus der Luke.
Ich lächelte.
Jetzt wusste ich, wie ich hinein und wieder hinausgelangen konnte.

Blieb nur ein grösseres Problem, nämlich der Hund!
Er würde es garantiert bemerken, sobald ich anfing im Hühnerstall zu räubern.
Dann würde er bellen, dann …
Nein, das musste ich verhindern!
Ich konnte ihn töten. Ich war schnell und der Hund war noch jung, kein ernstzunehmender Gegner.
Vielleicht gab es aber auch noch eine andere Möglichkeit.
Ich erwog das Für und Wider ab und beschloss es zu versuchen.
Lautlos sprang ich aus der Luke auf das Dach des Hühnerstalls und von dort auf den Boden.
Das würde auch mein Rückweg sein.
Dann schlich ich mich immer gegen den Wind ganz langsam und vorsichtig an den Hund heran und vermied dabei jede hastige Bewegung. Immer wieder hielt ich an, vor allem, wenn sich die Schafe bewegten. Aber auf die hatte ich es ja nicht abgesehen.
Es dauerte lange, bis ich endlich nahe genug und in der richtigen Position war und meine Nerven waren zum Zerreißen gespannt.
In der Zwischenzeit ging auch im Wohnhaus das Licht aus. Ich lächelte.
Wie passend! Das brachte noch etwas mehr Zeit!
Dann war es soweit! Ich sandte ein stummes Stossgebet an die Mutter aller Wölfe und schlug zu!

Als der Hund reagierte, hatte ich ihn schon an der Kehle gepackt.
Belle einmal und du bist tot! Hast du verstanden?
Der Hund - Panik in den Augen - nickte und machte sich ganz schlaff.
Gut! Sehr gut!
Vorsichtig lockerte ich meinen Griff, war aber bereit, sofort wieder zuzuschnappen.
Du sollst hier wohl für deinen Menschen die Schafe bewachen, nicht wahr?
Der Hund nickte wieder zaghaft.
Wieviel ist dein Leben wohl wert? Ein Schaf oder zwei Schafe?
Ich mache dir einen Vorschlag, wenn du leben willst. Ich lasse dir alle deine Schafe und nehme nur von dahinten zwei Hühner mit. Wenn ich wieder fort bin, dann darfst du sogar bellen und deinen Menschen rufen - aber nicht vorher! Klar!
Eifriges Nicken.
Wenn du mich betrügst, dann komme ich wieder und dann werde ich dir die Sehnen aller deiner Läufe durchbeißen. Was meinst du wohl, was dein treuer Mensch dann mit einem so unnützen Wachhund machen wird? Du kannst es dir denken. Also halte dich an die Abmachung und dein Mensch wird sich freuen, dass du die Schafe vor den bösen Wölfen geschützt hast und er dank dir nur zwei Hühner verloren hat. Na?
Das Nicken erfolgte prompt.
Natürlich war es ein Risiko, aber das war ja gerade das Spannende daran.
Ich ließ den Hund los, sah ihn noch einmal warnend an und rannte dann zum Hühnerstall.
Zwei schlaftrunkene fette Vögel waren schnell geschnappt und mit ihnen in den Fängen sprang ich zuerst auf das Dach des Hühnerstalls, dann durch die Luke in die Scheune.
Gerade als ich diese verließ ertönte das Gebell und als ich über die Strasse lief war bereits das Licht im Wohnhaus zu sehen.
Eilig und ohne mich noch einmal umzusehen verliess ich das Dorf und setzte dann den nächsten Teil meines Plans in die Tat um.

Ich rannte aus dem Dorf bis ich zu der kleinen Brücke kam, die über einen Fluss führte.
Da ich nicht die Absicht hatte, fährtenlesende Hunde und Menschen in unser Gebiet zu führen, hatte ich vor, hier meine Fährten enden zu lassen.
Die Hühner fest im Griff sprang ich von der Brücke in den Fluss und ließ mich mit der Strömung in nordöstliche Richtung treiben.
Als ich mir sicher war, dass es weit genug war, schwamm ich ans Ufer und befand mich nun am östlichsten Zipfel des großen Waldes in den freien Gebieten.

------ Wald

Es war nicht wirklich schwer gewesen, den Rudelplatz der Menschen zu finden. In einem Umkreis von hunderten Wolfslängen konnte man diesen Gestank nach Menschen wahrnehmen. Die Steinbauten der Menschen reihten sich aneinander an, unterbrochen von einigen Bauten aus Holz in denen sie lebendes Futter einsperrten. Hühner, Schafe, Ziegen, Kühe. Es war ruhig an diesem morgen. Wahrscheinlich waren die meisten Menschen in ihren metallenen Maschinen fortgefahren. Das hatte ich schon öfters beobachtet, sie kamen dann selten vor dem Sonnenzenit wieder zurück. Dennoch regte sich leben in der Siedlung. Ich konnte sie bei ihrem emsigen Treiben in ihren Steinbauten hören. Sie wuselten herum wie junge Eichhörnchen im Geäst. Es war zeit sich auf die Lauer zu legen und sich einen Plan und vorallem ein Souvenir auszusuchen. Versteckt unter einem Busch kauerte ich mich hin, legte den Kopf auf die Vorderpfoten und beobachtete.

Eine ganze Weile hatte ich regungslos an Ort und Stelle verharrt. Deine Stärke, ist deine Schnelligkeit! Ich hatte es ausgemacht, mein Objekt der Begierde, meine Trophäe, metallen glänzte sie im Sonnenlicht. Die einzige Hürde die ich würde nehmen müssen, war sie aus dem offenen Loch in dem Steinbau genau vor mir zu stehlen. Doch gleich dahinter, stand ein Kind, welches offenbar mit einigen Tieren spielte, die sich nicht bewegten. Kunsttiere, falsche Tiere, aus Stoff gemacht wie die Kleidung der Menschen. Der Anblick wirkte seltsam. Wieso sollte man soetwas toll finden? Ich dachte nicht viel länger nach, musste schnell sein. Meine Pfoten trugen mich bereits näher heran, obwohl ich noch nicht genau wusste, was passieren würde, wenn die Menschen mich entdecken.

Ich drückte meinen ganzen Körper fest an den kühlen Stein des Baues. Die Mittagssonne die meinen Pelz erwärmte, bildete einen harten Kontrast zu dem kalten Stein. Je näher ich an der Wand bleibe, desdo eher bleibe ich unentdeckt.
Ich roch kaum etwas anderes als die Menschen im Inneren. Ihr Geruch überdeckte nahezu alles andere. Ich sah mein Objekt der Begierde, doch auch den gleich dahinter stehenden kleinen Menschen.
Die kleinen sind die gefährlichsten. Schoss mir in den Kopf. Trotzdem schlich ich mich weiter in Richtung der Öffnung. Es war wohlig warm, sodass alle Löcher in dem Bau offenstanden. Perfekt. Anders wäre es komplizierter geworden.

Dann ging alles ganz schnell, ich spannte meine Muskeln an, fixierte das glänzende Ding mit dem längen Rüssel vor meiner Nase. Ich sprang hoch, schnappte gezielt nach dem metallenen Ding und bekam es zu fassen. Der kleine Mensch schrie erschrocken auf. Mutter rief er Mutter, Mutter ein Hund hat unsere Gießkanne heruntergeschmissen! Hund? Das ist nicht lache. Einen Moment verlor ich den sicheren Griff um meine Beute und sie fiel klimpernd zu Boden. Das klirrende Geräusch von Metall auf Asphalt bescherte mir eine unheimlich Gänsehaut, auf dem Boden breitete sich eine Wasserlache aus. Just in dem Moment kam die Mutter des Menschenwelpen meckernd und fluchend um die Ecke gebogen. In ihrer Hand einen Besen, mit dem sie um sich schlug als hätte sie die Tollwut. Im ersten Affekt wollte ich lediglich fliehen. Vergaß meine Beute vor mir. Nach zwei - drei Schritten Flucht besinnte ich mich aber wieder und sprang schnell zurück um die metallene Gießkanne zu fassen zu bekommen.