Ich lauschte Gins Einschätzung und auch seiner Erklärung über den aktuellen Zustand des Rudels. Ich stimmte ihm zu, es war womöglich das beste, wenn er sich um die Grenzen kümmerte. Ich würde mich bei Gelegenheit nach guten Stellen für die Suche nach Heilpflanzen umsehen. "Ich würde mir gerne das Revier ansehen. Wenn es okay ist übernehme ich deshalb den ersten Grenzgang", sagte ich zwar fragend, aber mit bestimmtem Unterton. Dann sah ich Kasai an. "Wenn du möchtest und schon dazu bereit bist, kann ich dir bei der Geburt behilflich sein. In meinem alten Rudel war es Tradition, dass jede Fähe die Heilkunde erlernt." Ich hoffte, ich trat ihr damit nicht zu nah, denn wir kannten uns ja eigentlich noch gar nicht.

Ich hörte beiden aufmerksam zu, wobei jedoch mein Fokus eindeutig auf Gin lag. Ihm vertraute ich, da er Luen sehr ähnelte und auch Xena ihm vertraute. Enya kannte ich einfach nicht genug um ihr wirklich vertrauen zu können, weshalb ich bei ihren Worten auch leicht warnend die Lefzen hob. Danke..aber..das schaffe ich schon. Ich habe Xena auch bei den Geburtsvorbereitungen geholfen und weiß was ich zu tun habe. Es klang eindeutig abweisend. Ich wollte keine Fremden in meiner Nähe wissen wenn es soweit war und würde, sollte sie sich nicht daran halten Enya wegbeissen. Ebenso jeden anderen. Ich sah Gin an und wurde leicht verlegen Nun..ja..ich denke schon. Ich..ich meine ich fresse mehr als ich es sonst tue. Und..und ab und an zieht es etwas im Bauch. Ich scharrte mit einer Pfote am Boden Ich..ich weiß nicht genau was die Zeichen einer Trächtigkeit sind..dies ist das erste Mal dass ich.. Ich verstummte und legte sichtlich verlegen die Ohren an, fuhr leiser fort. ..dass ich einen Rüden an mich heran gelassen habe.. Dennoch schreckte mich der Gedanke, Junge zur Welt zu bringen nicht ab..Xena würde sicher überrascht sein, wenn sie zurück kehrte.

Ich hatte etwas auf die Reaktion der beiden gewartet, als aus Richtung der still gelegten Gleise ein Heulen erklang. Sofort sprang ich auf, was zur folge hatte dass es einen Moment stark in meinem Bauch zog. Ich unterdrückte ein Fiepen und sah dann mit wachsam aufgestellten Ohren in die Richtung der Gleise Das..war..ist die Stimme dieser Fähe. Es klingt als wollte sie um Einlass bitten. Ich sah Gin über die Schulter an, er war nun - wenn auch vorüber gehend - der Alpha. Also lag es in seiner Entscheidung was nun geschehen würde.

Ich war ein wenig entrüstet, als Enya den Grenzgang übernehmen wollte, wo ich mich doch gerade ausdrücklich dafür eingeschrieben hatte. Mühsam unterdrückte ich ein frustriertes Knurren und nur meine Rute zuckte kurz. Tief atmete ich durch, dann sah ich Enya möglichst freundlich an. "Ich würde das lieber selbst tun", antwortete ich ruhig. "Allein deshalb, weil ich hier fürs erste der Chef bin und es für meine Aufgabe halte, nach dem Rechten zu sehen. Nimm es mir bitte nicht übel." Ein freundliches Kopfnicken galt ihr, dann sah ich zu Kasai, die eben Enyas Hilfsangebot ziemlich entschieden ablehnte. Ein besorgter Blick glitt in mein Gesicht. Ich hatte auch schon Fähen in den Wehen gesehen, doch war ich mit der Geburt an sich nicht wirklich vertraut, da ich immer den helfenden Fähen den Vortritt gelassen hatte. Ein aufmunterndes Lächeln galt Kasai. "Du schaffst das schon." Auch wenn ich nicht wirklich davon überzeugt war, dass alles reibungslos verlaufen würde.
Plötzlich durchschnitt ein Heulen die Luft und meine Ohren stellten sich sofort auf. Ich hörte Kasais Ausruf und meine Läufe spannten sich sofort an. Was für ein Timing! Langsam trat ich an Kasai heran und blieb neben ihr stehen. Meine Schnauze witterte angespannt, doch ich konnte keinen Geruch empfangen. Dann sind sie zumindest nicht im Revier. Dennoch waren meine Nerven seltsam angespannt. Fragend blickte ich im nächsten Moment zu Kasai. "Möchtest du ihr gegenübertreten? Ansonsten gehe ich alleine. Enya, du bleibst dann bitte hier, ich möchte Kasai nicht alleine zurücklassen."

Ich schnaubte unauffällig. Er schien nicht zu verstehen, weshalb ich ihn darum bat, obwohl ich es ihm wörtlich gesagt hatte. Ich war etwas genervt und neigte fast dazu, ihm meinen gewöhnlichen Rüdenstempel zu geben. Ja, er hat hier das Sagen, aber das stand nicht über der Vernunft. Außerdem würde er mich dadurch mit Kasai allein lassen, einer hochträchtigen Fähe, die mir offensichtlich nicht vertraute, aber vielleicht war ihm das als Rüde auch einfach nicht bewusst.

Ich musste mich allerdings vorerst seinen direkten Befehlen fügen, da ich hier definitiv nicht mit Rückhalt aus dem Rudel rechnen konnte. Allerdings hatte sich meine vorherige, unausgesprochene Frage bezüglich Konfliktfronten damit wohl für's Erste beantwortet.

Meine Rute zuckte immer wieder nervös und auch die Ohren schienen verrückt zu spielen. Auf Gins Frage hin nickte ich langsam. Doch der Fähe in meinem Zustand allein gegenüber zu treten, wäre fatal. Deswegen war ich auch froh als Gin angab uns begeliten zu wollen. Dennoch..ich wollte Enya nicht allein auf dem Rudelplatz zurück lassen. Ich wand mich der Fähe zu. Wenn..du willst kannst du ja auch mitkommen. Dann..könnten wir ja alle drei gemeinsam die Grenzen abgehen. Dann lernt ihr beiden das Revier genauer kennen und vor allem..zeigen wir dann dass hier ein Rudel ist das zusammen hält. Ich hoffte dass beide mit diesem Vorschlag einverstanden waren.

Ich sah die Fähe schweigend an. In ihrem Gesicht glaubte ich Missstimmung lesen zu können, doch ich war mir nicht ganz sicher. Nachdenklich runzelte ich die Stirn, als sich auch schon Kasai dazwischenschob. Nickend gab ich schließlich nach und sah auf Kasai herab. "Von mir aus, dann machen wir das so", seufzte ich, auch wenn ich noch immer nicht ganz verstand, wo hier das Problem war. Ein bisschen weniger gut gelaunt trottete ich voran, ein Ohr immer auf Kasai. Ich lief langsam, da ich sie nicht überanstrengen wollte. So trottete ich in die Richtung, aus der ich das Heulen vernommen hatte.

(Stillgelegte Gleise, Zigeunerwölfe)

Kurz glitt mein Blick zu Enya, etwas unsicher. Ich wuffte ihr möglichst freundlich zu, ehe ich Gin "nachlief". Dabei waren meine Schritte eindeutig schwerfälliger als sie es wohl sonst gewesen wären. Langsam machte sich meine Trächtigkeit mehr als deutlich bemerkbar. Ich hechelte leicht vor Anstrengung. Doch allein wollte ich weder Gin noch Enya lassen.

-->Stillgelegte Gleise - Zigeunerwölfe

Mir gefiel Kasais Vorschlag, auch wenn wir damit den Rudelplatz preisgeben würden. Zu dritt konnte man eben nicht alle Wünsche erfüllen. Ich nickte zustimmend und deutete Richtung Gin, als dieser vorging, um zu verdeutlichen, dass ich die Nachhut bilden würde. Als sich Kasai dann auch losschleppte folgte ich langsam, darauf bedacht, ihr nicht zu nah zu kommen. Ich wusste, ihr würde das nicht gefallen.

>>Stillgelegte Gleise

Der Weg hierher war alles andere als angenehm gewesen. Immer mal wieder hatte ich anhalten müssen, da das Ziehen in meinem Bauch richtig schmerzhaft wurde. Halbherzig hatte ich zudem versucht einen Hasen zu fangen, welcher mir aber mit Leichtigkeit entkam. Langsam trottete ich nun auf den Platz, wobei ich extrem am hecheln war. Ich sah mich kurz um, witterte. Doch es lagen keine fremden Gerüche in der Luft, demnach war niemand Fremdes eingedrungen. Ich warf einen kurzen, durchaus dankbaren Blick zu Enya zurück, ehe ich weiter auf den Platz lief, zu der Gesteinswand. Bald schon fand ich jene Stelle, wo sich einst die Geburtshöhle von Xena befunden hatte. Ich sah auf die Erde, welche ich zum Verschließen der Höhle aufgebuddelt hatte. Dann knurrte ich kurz, ehe ich begann diese langsam wieder fort zu graben. Wozu eine komplett neue Höhle graben, wenn es reichte diese wieder zu öffnen? Auch wenn es sehr anstrengend war und ich schon nach kurzen Momenten aufgab und mich hechelnd hinlegte. Ich hatte wirklich großen Hunger und sah zweifelnd zum Waldrand.

Ich folgte Kasai und sah ihr skeptisch beim Buddeln zu. Sie war nicht in dem Zustand, so hart zu arbeiten, das wusste ich von vornherein. Ich wollte aber, dass sie es selbst spürte, damit sie sich nicht von mir bevormundet fühlte. Außerdem war sie erschöpft. "Ich grabe gleich für dich weiter, sobald du was zu essen bekommen hast. Hast du sonst irgendwelche Schmerzen?", fragte ich sie, als ich zu ihr ging.

Ich schüttelte den Kopf und fiepte dann wieder hell auf. Ich konnte immer mehr spüren, wie sich etwas in mir bewegte. Und in manchen Momenten schien es mir fast so, als würde das Kleine gegen die Bauchdecke drücken um sich Platz zu schaffen. Ich..ich danke dir. Ich fühle mich so müde. Ich ließ mich mehr und mehr sinken und bettete den Kopf zwischen den Vorderpfoten. Ich war hungrig und ausgelaugt. So schwach hatte ich mich noch nie gefühlt. Doch ich wusste auch, dass ich in meinem jetzigen Zustand nicht jagen konnte.

Ich nickte und ging an ihr vorbei und verließ den Platz.

>>Stiller Tümpel

Ich blickte Enya nach und erhob mich dann schwer fällig. Dann begann ich von neuem zu graben, wobei ich immer wieder pausieren musste. Es entkräftete mich einfach zu sehr. Auch mein Bauch machte die Bewegungen nicht wirklich einfach.

Ich schleppte das Reh auf den Platz und legte es neben Kasai, die trotzdem wieder begonnen hatte zu graben. Ich gab ihr einen tadelnden Blick und legte neben dem toten Tier die Blätter ab. "Wenn es anfängt zu schmerzen und die Zeit gekommen ist, dann zerkau' diese Blätter sorgfältig und schluck sie runter. das wird Linderung beschaffen. Und mach eine Pause!"
Ich ging an ihr vorüber zu dem angefangenen Erdloch und grub, anfangs etwas unbeholfen, dann aber doch mit einer besseren Technik.